Benediktinerabtei Rajhrad

 

GESCHICHTE  DES  STIFTES

 Die älteste Siedlungstätte

Die ältesten Funde stammen aus der jüngerer Steinzeit (4500 bis 2000 v. Chr.) und wurden in der Nähe des heutigen Bahnhofs (Mälzerei) geborgen.

Der Name Rajhrad

Der Name entstand vermutlich als Zusammensetzung der Wörter "rajati" (Kulttanz) und "hrad" (Kultstätte). Laut P. J. Safarik bedeutete das Wort "Rajhrad" im Altslawischen befestigte Siedlung und Kultstätte zugleich.

Großmährische befestigte Siedlung

Anstelle der altslawischen heidnischen Siedlung entstand allmählich eine großmährische befestigte Siedlung (Oppidum). Aus dieser Zeit stammt in den hiesigen Sammlungen die Steinskulptur des Sonnengottes Svarog.

Die slawischen Glaubensapostel Cyrillus (Constantinus) und Methodius

Nach 863, als die Brüder Constantinus und Methodius das Christentum nach Mähren gebracht hatten, wurde der heidnische Kult durch den christlichen Glauben ersetzt. Man vermutet, dass hier in dieser Zeit ein kleine Kirche entstand, das vielleicht sogar Cyrillus und Methodius besuchten. Der Zerfall des Großmährischen Reiches (903 bis 907) wirkte sich negativ auf das Leben der Schüler von Cyrillus und Methodius aus.

 

Der Wandel der Siedlung - Entstehung der Gemeinde

Da die ursprüngliche befestigte Siedlung auf Sumpf stand und öfter überschwemmt wurde, verließen sie seine Bewohner und suchten nach einem sichereren Ort. Auf dem ursprünglichen Ort blieb nur ein kümmerliches kleines Kloster.

Die eigentliche Ortschaft Rajhrad entstand im 10. Jh. bzw. zu Beginn des 11. Jh. an dem Weg zwischen Pavlov und Menin, dort, wo sich heute der Marktplatz (Mestecko) befindet.

Fürst Bretislav I. - Gründung des Stiftes

Als Fürst Bretislav (Regierungszeit 1034 bis 1055) um 1028 nach seinem Sieg über die Ungarn zurückzog, entdeckte er hier die überlebende  slawische Liturgie und unterstützte sie. Im Jahre 1045 widmete er Rajhrad dem Stift Brevnov in Prag. Drei Jahre später brachte er einige Mönche aus Brevnov nach Rajhrad und gründete für sie ein eigenes Benediktinerstift (das erste Stift in Mähren). Die Kirche und das Stift wurden vom Prager Bischof Sebir in Anwesenheit des Fürsten, seines Sohnes Spytihnev und zahlreicher Adeligen geweiht. Der erste hiesige Propst und Pfarrer zugleich hieß Maurus.

 

Lehndörfer

Bei der Gründung des Stiftes widmete Bretislav I. dem Stift die Gemeinden Rajhrad, Popovice, Opatovice, Domasov mit Umgebung, Rajhradice, Loucka und Ort namens Hranice in Mähren. Später kamen noch Holasice, Celadice, Rebesovice, Rudka, Horni und Dolni Ricky, (Lesni) Hluboke, Javurek und Ricany dazu. Zur Pfarrgemeinde gehörten auch Radosov, Pribyslavice bei Velka Bites und die im 18. Jahrhundert gegründete Gemeinde Otmarov.

 

Bewegte Geschichte

In der ersten Hälfte des 13. Jh. gedeihte das Stift, wurde jedoch zwischen 1241 und 1242 von den Tataren geplündert. Neu geweiht wurde es im Jahre 1246. Im Jahre 1253 während des Krieges zwischen Premysl Ottokar II. und Bela IV. plünderten Ungarn und Kumanen das Stift aufs Neue und töteten sogar die Mönche. Eine wahre Katastrophe bedeutete für das Stift und seine Umgebung die Niederlage Premysl Ottokars II. am Marchfeld im Jahre 1278. Damals zog das Heer Rudolfs von Habsburg durch Rajhrad. Das Stift wurde zur Ruine, in der sich 1281 der Raubritter Gerhard von Obrany niederließ. Dieser ergab sich dem König Wenzel II., und das Stift lebte wieder auf. Zu Beginn des 17. Jh. wurde es auf Grund starker gegenkatholischer Tendenzen vorübergehend aufgehoben.

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Umbauten des Stiftes

Der erste größere Umbau der Kirche wurde 1691 durchgeführt. Nach einer Unterbrechung beauftragte der Propst Antonin Pirmus mit dem Bau den berühmten Architekten Giovanni Santini-Aichel. projekt.jpg (29988 bytes)1721 begann man mit den Vorbereitungsarbeiten und im darauffolgenden Jahr wurde der Grundstein gelegt (Bild von G. Santini stammt aus dem Jahr 1720). Siebzehn Jahre später, am 7. Juni 1739, weihte sie der Olmützer Bischof Jakob Ernst Graf von Liechtenstein die Kirche. Die beiden Türme aus dem Jahre 1691 sind erhalten, mußten jedoch mit Stützpfeilern versehen werden. Diese Baumaßnahme führte der Brünner Baumeister Frantisek Klicnik durch. Die Abteikirche wurde vom Brünner Meister Jan Jiri Etgens mit Fresken ausgeschmückt, die Statuen fertigten Ignatius Langelacher, Andreas Schweigel, Josef Brenek, Benedikt Egele, Jan Eduard Tomola und der Schnitzer aus Rajhrad Ignatius Bergman. Die Gemälde stammen von Jan Jiri Etgens, Josef Führich, Frantisek Preis, Matej Stastny und Josef Ladislav Sichan. Nach einer Renovierung wurde das Gewölbe über dem Altarraum umgebaut (1767) und von Josef Winterhalder neu ausgeschmückt. Der Hochaltar, von dem die Stuckkomposition "Verherrlichung Mutter Gottes" erhalten blieb, schuf Ignatius Lengelacher. Die Holzplastiken auf dem Orgelgehäuse, an der Kanzel und auf einigen Seitenaltären sind ebenfalls sein Werk. Der Marmoraltar aus dem Jahre 1898 stammt vom Bildhauer Jan Eduard Tomola. In der Marienkapelle befindet sich ein Altar mit der Statue der Mutter Gottes von Rajhrad aus dem Jahre 1480. Ihr jetziges Aussehen verlieh ihr im Jahre 1891 Ignatius Bergman. Am Kapelleneingang steht seit 1863 eine Marmorstatue des Gründers des hiesigen Stiftes, des Fürsten Bretislav I., von Emanuel Max. Ein Kleinod ist das wertvolle Taufbecken aus dem Jahre 1550 vom Glockengießer Jan Benesovsky. An der Westfassade der Kirche befinden sich seit Mitte des 19. Jh. Statuen der Benediktinerheiligen: hl. Adalbert und hl. Günther vom Bildhauer Josef Brenek. Seit 1895 schmückt die Fassade das Mosaikbild "Unbefleckte Empfängnis Jungfrau Maria".

Zusammen mit der Kirche wurden auch die Konventsgebäude umgestaltet. Im Ostflügel, im Bibliotheksaal malte Jan Jiri Etgens im Jahre 1735 ein weiteres wertvolles Fresko, das die Verdienste der Benediktiner um die Wissenschaft, die Kunst und die Gelehrtheit darstellt. An den Altarraum schließt oberhalb der Sakristei das Oratorium mit dem Altar des hl. Benedikt an. Es war einst mit den Gemälden des akademischen Malers Josef Zeleny (gebürtig in Rajhrad), der das Stift unterstützte, ausgeschmückt. Sein bedeutsam Werk ist Bild der hl. Cyrillus und Methodius.

Durch den Vergleich der zeitgenössischen Zeichnungen des Stiftes aus den Jahren 1720 und 1689 kann man die Vorstellung vom Umfang des Umbaues gewinnen. Auch die Skitzze des Grungrisses    des alten und neuen Stiftes ergänzt diese Informationen. In den 70er Jahren des 18. Jh. wurden um das Stift herum Alleen gepflanzt. Der gesamte Umbau wurde 1840 beendet. Zu dem Stift gehörten auch herrliche Gärten: inmitten der Quadratur der Paradiesgarten und östlich davon der Französische Garten.

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 Die Bedeutung der Benediktiner

Das Leben der Benediktiner war von Anfang an fest nach dem Leitbild "Ora et labora" - "Bete und arbeite" organisiert. Davon zeugen zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten, die im Stift wirkten oder dort ausgebildet wurden.

Die Stiftbibliothek beherbergte bedeutende Bücher. Zu den ältesten gehörte die wertvolle Handschrift "Martyrologium Adonis" aus dem 9. Jh., in der sich slawische Glossen aus späterer Zeit befinden. Die ersten signierten Handschriften stammen aus dem 14. Jh. (Propst Johannes II. und Mönch Peter). Aus dieser Zeit stammt auch der herrliche Antiphonar des Mönches Havel (Gallus) aus Brevnov. Im 15. Jh. entstanden die Werke des Priors Leo und weiterer Mönche aus Brevnov, die hier weilten. Adam Benedikt von Bavorov schrieb hier die Geschichte des Stiftes Na Slovanech (Emmausstift in Prag) und der Mönch Adalbert zwei Chroniken. Aus dem 17. Jh. stammen die juristischen Werke des Propstes Celestin Arlet, die Chronik des Mönchs Bernard Bruglius und 14 Handschriften des Benno von Brancouze.

Im 18. Jh. entstanden bedeutende historische Werke (Propst Bonaventura Piter und Alexius Habrich). Aus dieser Zeit blieben auch Musikwerke (Sinfonien, Vesper und Messen) von Maurus Haberhauer erhalten. Gregor von Sazava befasste sich mit Naturwissenschaften.

Die Geschichtsschreibung erreichte ihre Blüte im 19. Jh., als Rehor Volny nebst weiterer Werke seine neunbändige "Kirchliche Topographie von Mähren" und das sechsbändige Schriftstück "Die Markgrafschaft Mähren" herausgab. Ein weiterer Geschichtsschreiber dieser Zeit ist Beda Dudik, dessen Hauptwerk "Die Geschichte Mährens", "Mährische historische Quellen", "Forschungen in Schweden für die Geschichte Mährens" und "Die Geschichte des Stiftes Raigern in der Markgrafschaft Mähren". Dank seinen Verhandlungen wurden etliche alte Handschriften, die im Laufe des Dreißigjährigen Krieges nach Schweden gerieten, zurückgegeben. Für seine Tätigkeit wurde er zum Historiographen der Markgrafschaft Mähren ernannt.

Bedeutender Literaturhistoriker und Philosoph war Dr. Pavel Vychodil, Direktor der weiter erwähnten Druckerei, Übersetzer und Herausgeber des griechischen Philosophen Aristoteles, literarisch tätig war Maurus Kinter. Ein bedeutender Kaligraph, Mechaniker, Kartograph und Maler war P. Vojtech Slouk, der einen sich automatisch bewegenden Globus zusammenstellte. Zusammen mit dem Uhrmechaniker Jan Skarda aus Rajhrad konstruierte er die sogenannte Weltuhr von Rajhrad.

Bereits damals befand sich im Stift eine Druckerei, in der Bücher sowie Zeitschriften gedruckt wurden. Sie wurden unter anderen vom Redakteur Karel Stastny und dem Dichter Jan Navratil bearbeitet. Diese "Päpstliche Druckerei der Benediktiner zu Rajhrad" war auch im Ausland bekannt.

Seit 1540 waren die Propste von Rajhrad Mitglieder des Mährischen Landtags. Am 1. Oktober 1687 erhielten die hiesigen Benediktiner von Papst Innozenz XI. das Recht der Pontifikalien, d.h. ihr Vorgesetzter durfte Mitra, Kreuz, Ring und Krummstab tragen.

 

Kaiser Franz I. erhob am 22. März 1813 die Propstei Rajhrad zur Abtei. Erster Abt wurde P. Augustin Koch.

Im Jahre 1845 weihte der Abt Viktor Schlossar die erneuerte Marienkirche auf Hostyn, um deren Wiederaufbau sich die hiesigen Benediktiner verdient gemacht hatten.

Seit 1465 baute man um das Stift Wein an und bereits Mitte des 14. Jh. wurde hier Bier gebraut. Eine Zeitlang gab es sogar zwei Brauereien. In der Umgebung wurde auch Hopfen angebaut.

Wenn man die Zeichnungen von 1720 und 1868 sowie den Plan des alten und neuen Grundrisses des Stiftes von 1774 vergleicht, kann man sich ein Bild von dem von Giovanni Santini - Eichel durchgeführten Umbau machen.

Die Benediktiner von Rajhrad bauten Spitäler, Armenhäuser, Waisenhäuser und Schulen. 1623 gründete Propst Jiri Vojtech Kotelik die Schule in Rajhrad, welche das Stift bis Anfang des 1. Weltkriegs finanziell unterstützte und ausstattete.

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Stift i
m Jahre 1930

Nutzung der Stiftgebäude heute

Die hl. Peter und Paul-Abtskirche dienst heutzutage als Pfarrkirche. Das anschließende Pfarrhaus ist der Sitz des Ordens.

In einem Teil des Ostflügels befindet sich die Sakristei. Ferner findet man hier den Kapitelsaal und ein Depot, die seit Oktober 1998 genutzt werden.

 Die westlichen Konventsgebäude warten auf ihre Renovierung.

In einem Teil der Prälatur lagern das übrig gebliebene Mobiliar des Stiftes.

Der Wirtschaftstrakt des Stiftes wird teils zu verschiedenen Wirtschaftsaktivitäten genutzt. Der Rest, etwa 60% dieser Gebäude, kann wegen schlechten Zustandes leider nicht genutzt werden. Der anschließende Garten ist verwildert und wird nur gemäht.

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